Predictive Policing – Einbrecherjagd mit moderner Software

Einbruch

Wer hinter die Grundlagen der Arbeitsweise von Predictive Policing kommen möchte, der sollte hin und wieder einmal die Krimiserie „Numb3rs – Die Logik des Verbrechens“ anschauen. Dort erklärt Charlie Eppes mit steter Regelmäßigkeit, wie Tatorte vorhergesagt werden können, die mit hoher Wahrscheinlichkeit zum Schauplatz krimineller Aktionen werden. Er nutzt die Prinzipien von Predictive Policing, indem er beispielsweise die Aufenthaltsorte der Täter vorhersagt. Inzwischen sind solche Algorithmen keine Fiktion mehr, sondern werden von der Polizei in der täglichen Arbeit beim Einbruchschutz und der Prävention gegen alle möglichen Straftaten genutzt. Aber wie funktioniert Predictive Policing genau?

Verbrecherjagd mit Big Data - So funktioniert die vorhersagende Polizeiarbeit technisch

Bereits seit vielen Jahren erfassen die Polizeibehörden große Mengen an Daten. Jeder Einbruch, jeder Diebstahl, jede Sachbeschädigung, jedes Delikt wird erfasst. Diese Datenbasis wird nun herangezogen und kategorisch erweitert. Eine Software kombiniert vorhandene Tatdaten über einen Algorithmus mit ergänzenden Daten, wie beispielsweise der Stadtbebauung, demographischen Strukturen, Gesellschaftsständen, der Verkehrsanbindung und vielen mehr. Ziel ist es dabei, durch die Auswertung bereits erfolgter Taten ein Muster zu erkennen. Dadurch sollen besonders gefährdete Bereiche herausgefiltert und die Wahrscheinlichkeit zukünftiger Straftaten berechnet werden. Darauf basierend soll die Einsatzplanung der Polizei genauer koordiniert und Ressourcen gezielter eingesetzt werden.

Wie hilft Predictive Policing bei der Polizeiarbeit?

Viele der Ansätze, die Charlie Eppes für die Suche nutzt, wurden in die Software Precobs (Abkürzung für Pre Crime Observation System) integriert, die auch in Deutschland von der Polizei inzwischen im Rahmen einer Pilotphase verwendet wird. Precobs macht es möglich, über die Auswertung erfasster Straftaten eine Vorhersage zu treffen, wo sich die zukünftigen Hotspots der Einzeltäter und Tätergruppen befinden. Dabei verwendet die Software Precobs für die Analyse nicht nur die von Kriminalisten erhobenen Daten, sondern wertet auch Informationen aus anderen Quellen aus, um beispielsweise die Vorhersage von Einbrüchen möglichst konkret zu gestalten. Es ist davon auszugehen, dass viele Einbrecher eine so genannte Wohlfühlzone haben. Das heißt, die Einbrecher schlagen bevorzugt in den Regionen zu, in denen sie sich besonders gut auskennen. Die von der Polizei eingesetzte Software Precobs nutzt zur Prognose potentieller Einbrüche auch beispielsweise das Wissen aus, dass mehrere Objekte identische Schwachstellen in Bezug auf den Einbruchschutz aufweisen. Kurz gesagt: Beim Predictive Policing greifen die Ermittler zu genau den gleichen Analysen, die Einbrecher bei der Planung ihrer Straftaten durchführen.

Obwohl die softwarebasierte Analyse von Verbrechensdaten teilweise bereits im Einsatz ist, fehlt es bislang an fundierten Studien zum Erfolg der vorausschauenden Polizeiarbeit. Befürworter der Vorgehensweise sind sich sicher, dass die Arbeit mit der Software langfristig die Verbrechensprävention und die Einsatzplanung positiv beeinflussen wird. Nachweisbare Erfolge liegen hierzu jedoch noch nicht vor.

Wo ist die Wahrscheinlichkeit eines Einbruchs am größten?

Schwachstellen

Welche Faktoren werden beim Predictive Policing noch beachtet?

Die Software Precobs bezieht auch den „Lifestyle Approach“ in die Analysen mit ein. Dort wird berücksichtigt, dass Einbrecher bevorzugt in Regionen zuschlagen, in denen Menschen mit hohem Einkommen leben. Auch Erpressungen und Entführungen finden dort deutlich häufiger als in anderen Regionen statt. Ein weiterer Aspekt, der beim Predictive Policing eine Rolle spielt, ist die „Routine-Activity-Theorie“. Die Polizei nutzt dabei aus, dass Verbrecher für ihre Übergriffe Menschen bevorzugen, deren Tagesablauf sie genau kennen. Sie räumen beispielsweise Häuser aus, bei denen Sie wissen, dass deren Bewohner mit steter Regelmäßigkeit an bestimmten Tagen dienstlich unterwegs sind.

Predictive Policing setzt die bei den Ermittlungen gewonnenen Erkenntnisse über das Verhalten von Einzeltätern und kriminellen Gruppen so um, dass sie für die Prävention verwendet werden können. Eine hundertprozentige Sicherheit ergibt sich daraus allerdings nicht. Vielmehr muss davon ausgegangen werden, dass durch die Überwachung der Schwerpunkte zumeist nur eine örtliche Verschiebung der Kriminalitätsschwerpunkte bewirkt werden kann. Insofern kann Predictive Policing zwar die Polizei unterstützen, ersetzt aber keineswegs den individuellen Schutz vor Einbrechern mit Alarmanlagen oder mechanischem Schutz.

Ein zweischneidiges Schwert: Nachteile der automatisierten Verbrecherjagd

Die neuen Technologien zeigen sich vielversprechend für den zukünftigen Einsatz. Allerdings warnen Datenschützer davor, dass die neuen Technologien zum Data Mining führen könnten, bei dem mehr Daten gesammelt werden, als für die Prävention und die Ermittlungen notwendig sind.

Die Ansichten hierzu sind vor allem regional sehr unterschiedlich. In den USA finden die vorhersagenden Technologien und künstliche Intelligenz im Polizeieinsatz schon rege Anwendung. Im europäischen Raum und speziell auch in Deutschland wird die Technik noch sehr restriktiv eingesetzt, auch weil diese Art der Kriminalarbeit noch weithin in der Forschungs- und Entwicklungsphase steckt. Zusätzlich kommt das Sicherheitsempfinden der Bürger in der Bundesrepublik hinzu. Es herrscht eine gewisse Skepsis und Sensibilität vor, die auch auf den Überwachungsskandal durch die NSA zurückzuführen ist.

Nicht zuletzt ist das Tracking und die systematische Auswertung ein Eingriff in datenschutzrechtliche Vorgaben, die in Deutschland und der EU seit der DSGVO noch stärker im Fokus stehen. Bei Predictive Policing werden nämlich neben georelevanten auch personenbezogene Daten verarbeitet, was in das menschliche Grundrecht eingreift. Die Entwicklung muss hier also in jedem Fall noch weitergehen, doch ist man mit eigenständigen Forschungsprojekten zur Kriminalitätsprognose bereits auf einem guten Weg, alle Belangen und Befindlichkeiten miteinander in Einklang zu bringen.

Predictive Analytics hilft nicht nur gegen Einbrecher

Einbrecher sind nicht die einzigen Kriminellen, bei denen sich Muster in den verübten Straftaten finden und durch das Predictive Policing auswerten lassen. Auch bei schweren Verbrechen wie Serienmorden oder Vergewaltigungen zeigen sich bei den Tätern die gleichen Vorlieben, die auch Einbrecher haben. Das heißt, dass die Polizei die Algorithmen für den Einbruchschutz auf Gewaltverbrechen übertragen kann. Ein solches Beispiel wäre die „Repeat Victimisation“. Hier bezieht das Predictive Policing den Fakt mit ein, dass Einbrüche und auch andere kriminelle Handlungen wiederholt an bestimmten Orten oder Personen stattfinden. Die Wiederholung findet Studien zufolge in der Regel binnen 48 Stunden statt. Daraus entstand die Broken-Windows-Theorie, die in die Programme mit eingeflossen ist, welche beim Predictive Policing verwendet werden.

Predictive Policing - Straftaten durch Prognosen vermeiden

Die auf Prognosen ausgerichtete Polizeiarbeit steckt nach wie vor noch in den Kinderschuhen. Das langfristige Ziel ist jedoch schon jetzt klar: Straftaten egal welcher Art sollen dadurch gezielt vermieden werden. Bei all diesen Faktoren, die über Algorithmen miteinander verknüpft werden können, wird eines schnell deutlich: Auch wenn die Software, mögliche Prognosen und deren Auswertung viel Geld kosten und wichtige Ressourcen bündeln, ist klar, dass es in jeder Hinsicht günstiger ist Straftaten zu verhindern, als sie im Nachhinein aufzuklären. Die große Herausforderung für Predictive Analytics wird dabei vor allem sein, die Balance zwischen den Persönlichkeitsrechten jedes Einzelnen und der allgemeinen, öffentlichen Sicherheit zu finden.

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Kurz & Knapp

Beim Predictive Policing geht es darum, bereits bekannte Einbruch- und Verbrechensdaten mit weiteren, allgemeineren Daten zu kombinieren. Darauf basierend sollen Prognosen über mögliche zukünftige Straftaten erstellt werden, um die Polizeiarbeit zu erleichtern. Die Auswertung und Analyse erfolgt über eine Software und soll Muster in Verbrechensdaten herausfiltern. Die Methode wird vor allem in den USA großflächig eingesetzt, in Europa ist sie nach wie vor Forschungsgegenstand. Bis zum übergreifenden Einsatz gilt es jedoch viele Faktoren zu vereinen, so etwa auch kritische Stimmen zur Technologie, die den Datenschutz anmahnen.

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